AV (2003) Warum die besten Köpfe oft zu den führenden
Praktikern gehören. die-Besten-nennen 9: www.die-besten-nennen.de
© Vless Ebersberg, 2003
Viele halten den typischen Wissenschaftler nur für einen Kopfarbeiter, dem
die Handarbeit nicht liegt. Ihnen gilt er als in praktischen Dingen ungeschickt.
Die besten Wissenschaftler müssten konsequenterweise völlig unpraktisch sein.
Die Tatsachen sind anders. Aus den Ergebnissen von Intelligenztests geht
eindeutig hervor, dass die Testpersonen, die viel wissen, auch dazu neigen, in
den Tests gut abzuschneiden, die mit praktischem Können verbunden sind: Mehrere
Würfel so drehen, dass ihre Oberflächen vorgegebenen Mustern entsprechen; auf
Bildern von Figuren und Gegenständen erkennen, was fehlt;
durcheinandergeschüttelte Szenen aus dem Alltag wieder in die richtige Ordnung
bringen; räumliche Figuren aus zweidimensionalen Mustern erkennen; Mechanismen
durchschauen und so manches mehr. Und obendrein können sie sich dabei lange
konzentrieren (z.B. Amthauer, 1973; Horn, 1983; Tewes, 1994; Wechsler, 1958).
Viele praktische Anwendungen hängen eben weniger von der reinen Geschicklichkeit
der Finger und Hände oder allgemein der Grob- und Feinmotorik ab. Zur
Bewältigung einer Menge an Aufgaben, mit denen Wissenschaftler in ihrer Praxis
zu tun haben, reichen ihre rein körperlichen Fertigkeiten voll aus. Entscheidend
ist meist der Anteil, der vom Kopf gesteuert wird, also von der geistigen
Leistungsfähigkeit.
Das trifft auch für viele Vorgänge in der Medizin zu: Sich ein
wirklichkeitsgetreues Bild von Symptomen zu machen, eine treffende Diagnose zu
finden und ein wirksames therapeutisches Vorgehen für den individuellen
Patienten zu entwerfen, sind Kopfleistungen. Das praktische Ergebnis hängt von
den Vorkenntnissen und der momentanen geistigen Fitness des Diagnostikers und
Therapeuten ab. Eine hohe Ausprägung davon wird traditionsgemäß den forschenden
und lehrenden Wissenschaftlern zuerkannt. So ist es selbstverständlicher Brauch,
dass zu ihnen die Studenten und Assistenten kommen, damit sie von ihnen viel
lernen. Die Mehrheit der niedergelassenen Ärzte und Klinikärzte sucht sie zudem
zur Fortbildung auf, um sich mit ihrer Hilfe für ihre praktische Tätigkeit noch
kompetenter zu machen - nicht umgekehrt. Die Kopfgrößen kommen also nicht zu
denen, deren Haupttätigkeit in praxisnahen Anwendungen besteht, um an ihnen zu
lernen.
Besonders dann, wenn es kompliziert wird, sind die Besten der Kopfarbeiter
gefragt. Viele davon enthalten die GaM-Bestenlisten (siehe Rahmen), geordnet
nach Fachdisziplin, Ort und alphabetischer Stellung des Namens.
Die Erkenntnis „Nichts ist praktischer als eine gute Theorie“ lässt sich getrost auf die übertragen, die als Wissenschaftler die Theorien am besten vertreten.
Amthauer R (1973) Intelligenzstrukturtest I-S-T 70 (Handanweisung). Hogrefe,
Göttingen, 4. Aufl.
Horn H (1983) Leistungsprüfsystem LPS. Hogrefe, Göttingen, 2. Aufl.
Tewes U. (Hrsg.) (1994) HAWIE-R – Hamburg-Wechsler Intelligenztest für
Erwachsene, Revision 1991. Hans Huber, Bern Göttingen Toronto Seattle, 2. korr.
Aufl.
WechsIer D (1958) The measurement and appraisaI of adult intelligence, 4. Edit.
Williams and Wilkins: Baltimore.
V. A.
Stand: 03.06.2003